Mittwoch, 14. Januar 2009

Kaufst Du noch, oder mietest Du schon?

Softwarekonzerne wie Microsoft und SAP müssen umdenken - Ihr altes Geschäftsmodell hat ausgedient

Satyam fällt aus dem Rahmen. Denn die Branche hat Betrug eigentlich nicht nötig. Es geht ihr gut. Vielleicht ging es Satyam nicht gut genug. Oder zu gut. 53 000 Menschen arbeiten für den indischen Software-Riesen. Dessen Gründer und Chef Ramalinga Raju hatte vergangene Woche zugeben müssen, über Jahre Geschäftszahlen massiv geschönt zu haben. Von den 53,6 Milliarden Rupien (800 Millionen Euro), die Satyam als Vermögenswerte in der Bilanz führe, seien 50,4 Milliarden fiktiv, räumte Raju in einem Brief an den Verwaltungsrat und die Börsenaufsicht ein und trat noch am selben Tag zurück. Die Satyam-Aktien stürzten um 80 Prozent ab (mehr zum Bilanzskandal, hier).

"Ich habe einen Tiger geritten, ohne zu wissen, wie ich absteigen kann, ohne gefressen zu werden", schreibt Raju in dem Brief. Er habe die Zahlen geschönt, um eine Übernahme Satyams zu erschweren.

Wie gesagt, eigentlich hat die Software-Branche einen solchen Betrug nicht nötig. In Deutschland zum Beispiel rechnet der Branchenverband Bitkom damit, dass trotz Wirtschaftskrise der Umsatz mit und rund um Software dieses Jahr um 3,1 Prozent auf 48,5 Milliarden Euro zulegen wird.

Weltweit hat der Markt allein für Unternehmenssoftware 2008 die 230 Milliarden-Dollar-Marke erreicht. Das entspricht einem Zuwachs von 13,9 Prozent. 2009 sollen es weitere 6,6 Prozent sein, prognostiziert die Unternehmensberatung Gartner laut der Fachseite IT-Times. Doch die sonnigen Zeiten könnten bald vorbei sein. Denn die Branche steckt mitten im Umbruch. Und dieser Umbruch hat einen kryptischen Namen: SaaS. Es ist die Abkürzung für „Software as a Service“ und meint ein Geschäftsmodell, bei dem Software lediglich als Dienstleistung bereitgestellt wird, in der Regel als Anwendung im Browser, also über das Internet.

Früher wurde Software in CD-Form verkauft. Handelte es sich um Firmensoftware musste diese auf dortigen Servern installiert werden. Damit die Buchhaltung erledigt, die Produktion geplant, die Aufträge verwaltet werden konnten. Viel Computertechnik war dafür in den Betrieben notwendig. Es musste installiert, angepasst und gewartet werden.

Zunehmend wird Software webbasiert angeboten. Die Mitarbeiter der Unternehmen müssen nur noch die entsprechende URL im Browser eingeben und schon kann mit der Anwendung gearbeitet werden. Die Software hierfür wird meist nicht mehr verkauft, sondern lizenziert, also für die Zeit der Nutzung vermietet.

Für den Lizenznehmer ist das praktisch, weil die Kosten überschaubar, hohe Anfangsinvestitionen nicht nötig sind. Einer Studie der Unternehmensberatung Saugatuck Technology zufolge mieten mittlerweile fast 40 Prozent aller Unternehmen webbasierte Software. Bis 2010 soll der Anteil auf 65 Prozent steigen.

Die Software-Firmen müssen ob dieser Entwicklung gleich mehrfach umdenken. Basis-Software fürs Internet gibt es heute meist als Open-Source, also kostenlos; weil Software-Entwickler weltweit an den Programmen mitschreiben. Darauf aufbauend, können einfachere Programmiersprachen verwendet werden als beim Programmieren kompletter Software-Produkte. Es werden folglich weniger hochqualifizierte Programmierer gebraucht. Die Entwicklungskosten für Software fallen dadurch um den Faktor 10, schätzt die Fachseite netzwertig.com.

Hinzu kommt die nicht mehr benötigte technische Infrastruktur vor Ort, womit für die Software-Firmen Einnahmemöglichkeiten für Aufbau und Wartung entfallen. Doch die größte Gefahr droht den etablierten Konzernen von noch unbekannter Seite. Nämlich von all jenen Firmen die es aktuell noch gar nicht gibt, oder die gerade entstehen. Einstiegsbarrieren für Software-Ersteller gibt es kaum noch. "Dank der stark gesunkenen Kosten können jetzt ein paar Programmierer ohne große Finanzierung durchaus ein sehr leistungsfähiges Produkt auf die Beine stellen, was früher kaum möglich gewesen wäre", meint Andreas Göldi von netzwertig.com. Die Konkurrenz in der Branche wird also zunehmen. Software-Riesen wie SAP oder Microsoft werden unter Druck geraten – zum Vorteil für die Kunden: die Auswahl nimmt zu, die Preise fallen.

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