Donnerstag, 30. Oktober 2008

1000 treue Fans

Alles hat seinen Preis: Warum im Internet das meiste kostenlos ist

Eigentlich hatte King Camp Gillette den Kapitalismus gehasst. Im Alter von 39 Jahren, das war im Jahr 1894, erschien sein Buch "The Human Drift". Darin beschreibt er seine Idee eines utopischen Sozialismus, in dem alle Unternehmen verstaatlicht  und Millionen Menschen in einer riesigen Stadt mit dem Namen Metropolis leben.
 
Für Gillette war die Marktwirtschaft vom Teufel, bis er eines Morgens diesen millionenschwerer Einfall hatte. Er versuchte gerade seine Rasierklinge zu schärfen. Doch die Klinge war alt und abgenutzt. Da kam ihm die Idee mit der Einweg-Klinge. Mit dieser Idee gründete er die Gillette-Company, die es noch heute gibt ("Für das beste im Mann").
 
Die Geschichte von King Camp Gillette war neulich im amerikanischen Techniktrend-Magazin "Wired" zu lesen. Es war dabei weniger um Kapitalismuskritik oder Rasierklingen gegangen, sondern um das Internet. Genauer gesagt um die vielen kostenlosen Angebote im Netz und wie damit dennoch viel Geld verdient wird. Interessant an der Gillette-Story war dabei weniger seine Idee, sondern das was er daraus machte. Der Idee folgte nämlich ein geniales Verkaufskonzept. Ein Konzept, das auf die Macht der Gewohnheit setzte.
 
Die amerikanische Regierung brauchte Rasierklingen für seine im Ersten Weltkrieg kämpfenden Soldaten. Und Gillette machte ein Angebot, das keiner unterbieten konnte. Denn sein Angebot war ein Verlustgeschäft:  die Produktionskosten für die Klingen lagen über der Summe, die er vom Staat bekam. Aber Gillette war nicht dumm. Der Deal rechnete sich. Langfristig. Denn als die Soldaten aus dem Krieg heimkehrten, hatten sie sich an die Wegwerfklingen gewöhnt. Was sie als Soldaten kostenlos bekommen hatte, kauften sie nun auch privat.
 
Was die Gillette-Geschichte mit dem Internet zu tun hat? Gillette erfand ein Geschäftsmodell, das heute in der Technikbranche weit verbreitet ist. Im Grunde besteht es aus einer Quersubvention: Ein Produkt wird besonders günstig, nicht selten auch kostenlos, angeboten, weil der Anbieter weiß, dass er mit einem Folgeprodukt gutes Geld zu verdienen ist. Handys etwa werden verschenkt, wenn man einen Mobilfunkvertrag abschließt. Oder Computerhersteller wie zum Beispiel Apple verschenken ihre Software wie zum Beispiel iTunes, weil sich aus der Bedienung des Programms Folgegeschäfte wie etwa der Verkauf von Musik ergeben.  
 
Neben der Quersubventionierung gibt es drei weitere Gründe, warum es (vor allem im Internet) vieles kostenlos gibt. Ein ganz simpler ist: Geld ist nicht die einzige Motivation. Wikipedia ist das beste Beispiel. Menschen nehmen sich die Zeit um lange Artikel zu verfassen. Weil sie aufklären wollen. Vielleicht auch weil sie Besserwisserisch sind. Jedenfalls nicht, um damit materiell reich zu werden.
 
Ein weiterer Grund für Angebote ohne Bezahlung ist nicht weniger simpel: die Werbung. Es gibt kostenloses Fernsehen, Radio, Internetportale und Gratisblätter. Selbst die Zeitungen und Zeitschriften, welche man nur gegen Geld bekommt, leben von der Werbung. Sie alle verdienen daran, dass Werbebotschaften zu den Lesern, Zuschauern, Usern und Hörern gebracht werden. Das Geschäftsmodell „Werbung plus Inhalt“ ist so alt wie die Zeitung. Im  Internet erlebt es eine Neuauflage. Fast alle Webangebote sind  mittlerweile umsonst und versuchen sich über Anzeigen zu finanzieren. Das führt zu Problemen.
 
Das Anzeigenaufkommen im Internet steigt seit Jahren rasant. Im Jahr 2009 soll es weltweit 50 Milliarden Dollar betragen. Das ist eine große Summe - und dennoch viel zu wenig. Der Unternehmensberater Alan Patrick von Broadsight.com hat jüngst auf der Internetkonferenz Web 2.0 Expo in Berlin eine einfache Rechnung aufgemacht, was große werbefinanzierte Internetangebote betrifft. Er geht davon aus, dass 40 der 50 Milliarden Dollar an Google sowie an eine unüberschaubare kleine Zahl von Internetseiten geht. Bleiben für die großen Internet-Seiten 10 Milliarden Dollar. Will nun jedes dieser Webangebote ein 100 Millionen Dollar schweres Unternehmen sein, dann ist im Schnitt nur Geld für 100 Unternehmen dieser Größenordnung da. 100 Unternehmen weltweit! Da wird schnell klar: Vom großen Online-Werbekuchen bleiben für viele nur Brösel.
 
Der vierte Grund für kostenlose Internetangebote hat einen Namen: Freemium. Das Geschäftsmodell basiert darauf, dass nur ein kleiner Teil der User bezahlt, die so genannten Premium-Nutzer. Der Großteil dagegen begnügt sich mit einem kostenlosen Basic-Account. Dieses Geschäftsmodell passt hervorragend zum Internet. Denn die vermeintlichen Trittbrettfahrer, also jene die das Angebot kostenlos nutzen, sind für den Portalbetreiber kein Problem – weil sie kaum Kosten verursachen. Sein  Angebot gibt es so oder so. Diese User beeinflussen im Gegenteil das Geschäft meist sogar positiv. Weil sie zum einen Werbung für das Angebot machen. Und weil sie zum anderen den Nutzen des Portals erhöhen, da in Netzwerken der Nutzen für alle Beteiligte steigt, je mehr sich an diesem Netzwerk beteiligen.
 
Aber nicht nur die großen Portale können durch das Freemium-Prinzip überleben. Der Journalist und Blogger Kevin Kelly hat treffend beschrieben, dass man als Musiker, Fotograf, Designer, Videofilmer nur rund 1000 echte  Fans braucht, um sich mit seiner Kunst seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Kelly spricht bewusst von "echten Fans". Er meint damit nicht jene, die sich etwa Musik kostenlos im Netz runterladen, sondern den Teil der Anhänger, die CDs kaufen, weil sie den Künstler schätzen; die lange Fahrzeiten zu Konzerten in Kauf nehmen; die auf Vernissagen gehen und dem Künstler hin und wieder ein Werk abkaufen. Wenn jeder Fan, so Kellys einfache Rechnung,  pro Jahr im Schnitt 100 Dollar für „seinen Star" ausgibt, kommt der Künstler auf ein staatliches Jahresgehalt von 100 000 Dollar.
 

Das Internet, so Kelly weiter, mache eine 1000-echte-Fan-Strategie möglich. Weil Information und Kommunikation nicht viel koste. Das ermögliche eine hohe Künstler-Fan-Bindung. Diese Beziehung sei letztlich auch für den Künstler besser als jene tradierten Starkulte, welche früher etwa durch die Musikbranche geschaffen worden seien. Viele Künstler hätten davon geträumt groß raus zu kommen – für die wenigsten wurde der Traum wahr. Das 1000-echte-Fan-Modell stehe dagegen jedem offen. So werde wenigstens jener Traum Wirklichkeit, sich mit seiner Kunst den Lebensunterhalt zu verdienen.
 

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Eine Frage der Größe

Weil mobiles Surfen zur Selbstverständlichkeit wird, stehen die Webseitenbetreiber vor neuen Herausforderungen

Früher hatte das Internet seinen festen Platz. Es war auf dem Bürotisch. Oder zu Hause in einer Zimmerecke. Man brauchte ein Kabel dafür, das Kabel steckte in einer Buchse, die war mit einem Verteilerkasten vor dem Haus oder in der Nachbarstraße verbunden. Von dort gab es Anschluss an den großen, weltweiten Datenstrom.

Früher lag das Internet an der Leine, die Verkabelung gab Ort und auch Zeit der Nutzung vor. Heute ist das Internet überall und immerzu verfügbar, W-Lan und UMTS sei Dank. Doch viele merken davon noch gar nichts. Denn dem Fortschritt in der Übertragungstechnik hinkt die Entwicklung der Produkte zur Nutzung des World Wide Web hinterher. Die Mehrzahl der Mobiltelefone ist für das Surfen so geeignet wie ein alter Schwarz-Weiß-Fernseher für hoch auflösende DVD-Filme.

Aber jetzt steht das Internet vor seiner größten Veränderung. Es gibt weltweit 20 Mal mehr Handys als Computer. Noch kann man mit den wenigsten vernünftig im Internet surfen, aber in wenigen Jahren wird das ganz anders sein. Denn bei keinem Produkt verbreitet sich der technische Fortschritt schneller als beim Handy. Weil alle zwei Jahre ein neuer Mobilfunkvertrag ansteht und die meisten mit jedem Abschluss auch ein neues Handy erhalten. Handy-Besitzer sind damit automatisch fortwährend technisch up-to-date. Und mittlerweile sind die ersten Handy-Modelle verfügbar, auf denen Webseiten nicht nur gut anzuschauen sind, sondern man sich auch einfach von Webseite zu Webseite klicken kann. Beispiele sind das iPhone von Apple oder das G-Phone von Google. Letzteres gibt es seit gestern in den USA zu kaufen, Anfang nächsten Jahres wird es auch in Deutschland erhältlich sein.

Hinzu kommt: Das mobile Surfen wird immer günstiger. Eine Flatrate kostet mittlerweile nur noch rund 30 Euro im Monat. Bald wird auch dieser Preis utopisch hoch anmuten.

Für die Betreiber von Internetseiten bedeutet dieser Wandel ein große Herausforderung. Denn die Webangebote müssen auf den unterschiedlichsten Bildschirmgrößen nutzbar sein. Eine Internetseite soll auf dem großen Plasmabildschirm im Wohnzimmer genauso gut wirken, wie auf dem kleinen 12-Zoll-Bildschirm der trendingen Mini-Laptops. Die wirkliche Herausforderung aber sind die winzigen Displays der Handys. Zumal Handy nicht gleich Handy ist. Die kleinsten sind mit einen Bildschirm ausgestattet, der nicht viel größer ist als eine Streichholzschachtel, nämlich 128 auf 160 Pixel, auf größeren finden immerhin 320 auf 480 Pixel platz.

Je mehr Handy-Nutzer ihr Gerät zum Internetsurfen nutzen, desto wichtiger wird es für Webseiten-Anbieter ihre Inhalte auch auf kleinen Bildschirmen anschaulich darzustellen. Das ist aufwändig und kostet zusätzliches Geld, weil neben der bestehenden Webseite eine zweite entwickelt werden muss. Eine kleinere. Der Aufbau der Seite muss geändert werden. Weil bei mobil weniger oft mehr. Das Unwichtige weicht dem Wichtigen. Am Ende muss die Seite auch noch programmiert werden. Auch das ist meist nicht billig. Aber eben unverzichtbar. Denn sobald das mobile Web zur Selbstverständlichkeit wird, ist das Unverständnis groß, wenn Webseiten nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort abrufbar sind.

Wer in Zukunft kein mobiles Webangebot präsentiert, könnte also in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Auch weil neue Umatzmöglichkeiten verschlossen bleiben. Der Branchenverband Bitkom hat zusammen mit dem Beratungsunternehmen Goldmedia eine Studie veröffentlicht. Demnach werden sich die Umsätze mit Handy-Werbung in Deutschland von 96,9 Millionen Euro im Jahr 2007 auf annähernd 300 Millionen Euro im Jahr 2012 erhöhen. Der Umsatz mit mobilen Datendiensten ohne SMS und MMS wird sich von 1,6 Milliarden auf 5,7 Milliarden Euro ebenfalls verdreifachen. Bis dahin, so die Studie, werden mehr als 60 Prozent der Mobiltelefonanschlüsse über einen schnellen Internetzugang per UMTS verfügen.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Heimat 2.0

Lokales im globalen Netz: Für den Journalismus liegt die Zukunft in der Region

Claus Strunz war acht Jahre lang Chefredakteur von Bild am Sonntag gewesen. Gestern trat er seinen neuen Job an. Er ist zwar weiter als Chefredakteur tätig, aber nicht mehr für Deutschlands größte Wochenend-Zeitung, sondern beim "Hamburger Abendblatt". Ein Karriere-Knick für den 42-jährigen Überflieger aus dem Hause Springer? Strunz kontert offensiv: "Ich sehe den Wechsel eher als Aufstieg", sagte er. Und: "Die Zukunft des Journalismus liegt vor allem im Regionalen."

Ob Abstieg oder Aufstieg: Den Trend hat Strunz jedenfalls auf seiner Seite. Genauer gesagt den Gegentrend. Vor ein paar Jahren noch war der Begriff der Globalisierung positiv besetzt. Er stand für Wachstum, Offenheit, Veränderung. Doch der Wind drehte sich: Heute assoziieren damit viele Ungerechtigkeit und Entfremdung. Heimat dagegen hat Konjunktur. Wir kaufen bevorzugt Produkte aus der Region, empfinden Herkunft als identitätsstiftend, interessieren uns für Themen aus der Nachbarschaft. 70 Prozent der Deutschen, so eine Studie des Südwestrundfunks (SWR), wünschen sich in den Medien mehr Hintergrundinformationen zu Ereignissen aus der Region.

Es ist nicht nur der Anti-Globalisierungstrend, der regionale Nachrichten für Informationsanbieter wichtiger macht. Es ist das Internet selbst. Nachrichten werden heute über das Netz weltweit verbreitet. Das heißt auch: Der Leser/Zuhörer/Zuschauer/User empfängt deutlich mehr Informationen, aber eben oft auch gleichen. Über die weltweite Finanzkrise oder Selbstmordanschläge im Irak-Krieg berichten unzählige Medien, häufig mit den selben Details. Die Folge: Medien werden austauschbar - der Tod einer jeden Medienmarke. Lokale Nachrichten dagegen sind meist einzigartig. Weil sich nur wenig, nicht selten nur ein einziger um die Informationsbeschaffung bemüht. Durch lokale und regionale Informationen erlangen Verlage damit etwas Wesentliches: Einzigartigkeit.

Aber Einzigartigkeit alleine reicht nicht. Wer es nicht schafft, Nachrichten zu Geld zu machen, der kann seine Informationsbeschaffer nicht bezahlen. Vor dem Internet-Zeitalter war das Geschäftsmodell für die Verlage schlicht und klar: Die Nachricht erschien in der regionalen Zeitung, die an die Leser verkauft wurde und in der von der ganzseitigen Anzeige ob einer Supermarkteröffnung bis zum privaten Autoverkauf in der Kleinanzeigen-Rubrik, alle Anzeigenkunden ihr Werbe-Botschaften inserierten. Das brachte respektable Gewinne. Das Web hat die Lage verändert: Kleinanzeigen wandern ins Netz ab und neue regionale Webportale kämpfen um Aufmerksamkeit und Anzeigen. Der Werbekuchen wird neu aufgeteilt.

Für den Journalismus ist das kein grundsätzliches Problem. Denn Unternehmer wollen auch in Zukunft ihre Produkte an Mann, Frau und Kind kriegen. Und sie brauchen dafür eine Plattform, die von vielen wahrgenommen wird. Die Frage ist nur: Wem werden diese Plattformen gehören? Und damit: Wer macht in Zukunft gutes Geld? Doch auch wenn die Karten neu gemischt werden, sind die Trümpfe bereits verteilt. Denn etablierte Medienmarken können das Vertrauen, dass Leser und Werbetreibende in sie haben, auf neue Medienformate übertragen: Glaubte man der Zeitung, schenkt man auch deren Internet-Auftritt vertrauen. Und dennoch hat das Internet den Wettbewerb um lokale Nachrichten neu eröffnet. Dass diese Form der Nachrichten auch im Netz die größte Aufmerksamkeit bringen, hat man übrigens schon zu Beginn des Internet-Zeitalters beobachten können, als nämlich Programmierer der Universität Cambridge eine der ersten Webcams zur Übertragung von Bildern im Internet installiert hatten: Sie zeigte die Füllstand-Anzeige ihrer Institutskaffeemaschine.

Samstag, 11. Oktober 2008

Bin ich noch drin?

Nach der Krise kommt die Zukunft: Wie das Internet in einigen Jahren aussehen könnte

Wirtschaftlichen Krisenzeiten verengen den Blick. Das Heute ist wichtig. Was zählt, ist das Überleben. Hektisch wird nach Sparpotentialen gesucht, der Gürtel enger geschnallt, Investitionen in interessante, aber gewagte Ideen in die ferne Zukunft geschoben. Der wirtschaftliche Zwang regiert das Tagesgeschäft.

Der aktuelle Finanzcrash im weltweiten Bankensystem lässt auch alle anderen Branchen nach dem Krisenplan in der Schublade kramen. Die gewagte Geschäftsidee hat Hausarrest - auch und gerade bei Unternehmen der Informationstechnik. Da kommt eine Studie gerade Recht, die den Blick über den zeitlichen Tellerrand ermöglicht. IVW, Agof und Infonline, drei Organisationen, die unter anderem die Internetnutzung beobachten, haben sich mit der Zukunft des Internets beschäftigt. Zwischen März und Mai diesen Jahres wurden Experten aus den Bereichen Internet-Werbung, Webseiten-Betreiber, Journalisten, Verbände, Institute, Techniker und Wissenschaftler mit folgender Fragestellung konfrontiert: "Wohin entwickelt sich das Medium Internet in den nächsten Jahren?"

Konkret gaben die Experten Antworten auf drei Bereiche: die Entwicklung von Webinhalten, zukünftige Geschäftsmodelle sowie die veränderte Nutzung des Internets durch die User.

1) Wie ändern sich die Inhalte der Webseiten?

Die Experten vermuten, dass Blogger an Bedeutung gewinnen. Einzelne Blogger könnten den „Status der Meinungsführerschaft“ erlangen. Blogs würden somit selbst zu kleinen Medienmarken.

Außerdem erwarten die Internet-Experten eine stärkere Vermischung von redaktionellem Inhalt mit von Usern erstellten Beiträgen. Die Interaktion werde zentral, weil die User mitmachen wollten, so die Studie.


2) Womit wird man im Internet in Zukunft Geld verdienen?

Grundsätzlich, so die Studie, gebe es heute wie in der Zukunft drei Möglichkeiten, im Internet Umsätze zu erwirtschaften: mit Werbung, mit E-Commerce (also dem elektronischen Handel) sowie bezahlten Inhalte (so genannter paid content). Letzteres, so glauben die Experten, werde auf wenige Bereiche beschränkt bleiben. Diese seien Video auf Abruf, Computerspiele, Fachinformationen und Erotik. Entscheidend sei hierbei die Aktualität, die Exklusivität und die Hochwertigkeit. Der E-Commerce dagegen werde sich in Zukunft auf weitere Warengruppen ausweiten. Voraussetzung für eine schnelle Ausweitung sei eine Vereinfachung der Bezahlsysteme. Und auch der klassische Online-Werbemarkt, wie etwa Anzeigen, werde mit der steigenden Online-Nutzungsdauer wachsen, vor allem weil man immer bessere Informationen über die Nutzer hätte und deshalb Werbung immer zielgenauer zukommen lassen könne.

3) Wird sich die Nutzung des Internets wandeln?

Die Experten vermuten, dass das Internet wie bisher ein aktives Medium bleibt. Das bedeutet, dass der User sich weiter aktiv auf die Suche nach Inhalten macht. Das Internet als so genanntes Lean-Back-Medium, also als Berieselungsmedium, können sich nur die wenigsten Befragten vorstellen. Allerdings: Es gibt auch den Trend zur Medienkonvergenz, das meint die Auflösung der Format-Kanal-Bindung. Konkreter: Das Internet vereinigt zunehmend alle Formate. Mit ihm wird Fern gesehen, Radio gehört, Musik abgespielt, Nachrichten gelesen, Videos geschaut, Comupter-Spiele gespielt. Wer aber im Internet beispielsweise einen Film schaut, für den ist das Internet ein passives Medium, weil seine Hände nicht mit Tastatur und Maus, nach Inhalten suchen.

Vermutlich wird der Begriff des Internets selbst zunehmend unscharf, weil das Internet nicht mehr alleine das Surfen auf Webseiten meint, sondern lediglich die Übertragung von Daten mittels der Technik des Internets. "Die Nutzer werden in Zukunft gar nicht mehr genau wissen, wann sie im Internet sind und wann nicht", sagt einer der Experten laut der Studie. Weil das Internet zur völligen Selbstverständlichkeit geworden ist und unterschiedlichste Geräte auf das Internet zurückgreifen. Denkbar, dass eine drahtlose Internetverbindung bald so selbstverständlich sein wird, wie Radiowellen für den Empfang eines Senders.

Die Statistik belegt, dass ein Großteil der heutigen Unternehmen bei dieser Entwicklung gar nicht mehr dabei sein werden. Schätzungen zufolge überstehen nur fünf bis zehn Prozent aller Startups rund ums Internet die ersten drei Jahre. Der Blick über den zeitlichen Tellerrand ist für manches Unternehmen deshalb auch der Blick in den eigenen wirtschaftlichen Abgrund sein. Kein Wunder, dass man da lieber an heute als an morgen denkt.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Sie sind jung und brauchen das Geld

Hypothekenkrise und Bankencrash: Wie sich die weltweite Finanzkrise auf die New Economy auswirkt

Ein Begriff ist in Vergessenheit geraten. Er ist verbrannt, sagt das Marketing. Zu viele negative Assoziationen. Kaum einer spricht noch von der "New Economy". Dabei hatten die zwei Worte einmal das finanzielle Glück auf Erden versprochen. New Economy, das waren junge Firmen aus der Computer-Branche oder der Bio-Technologie. Diese Unternehmen wollten anders sein, als die etablierten Konzerne. Schneller, kreativer, gewinnbringender. Viele glaubten daran und gaben ihr Geld. Sie wollten dabei sein, als die Kurse stiegen, immer schneller. Bis zum März 2000. Dann platzte die Blase.

Achteinhalb Jahre später purzeln die Kurse erneut. Schuld sind diesmal nicht Technologie-Aktien. Billiges Geld der amerikanischen Notenbank, mit dem sich viele Amerikaner den Traum vom Eigenheim erfüllt hatten, war der Anfang vom Ende. Später brachten faule Hypotheken-Kredite das gesamte Bankensystem ins Wanken, teilweise zum Einsturz. Keine Branche wird von den Folgen verschont bleiben. Wie aber trifft es jenen Wirtschaftszweig, der beim letzten Börsencrash Hauptleidtragender war? Was wird von hoffnungsvollen Startups übrig bleiben?

Junge Unternehmen werden von Finanzkrisen meist überproportional hart getroffen. Denn sie brauchen das, was in solchen Zeiten besonders knapp ist: Geld. Viele dieser Unternehmen stehen noch nicht auf eigenen Beinen. Sie machen keine Gewinne. Und neues Geld, etwa von so genannten Venture-Capital-Unternehmen, ist schwer zu bekommen. Weil diese Firmen, die sonst gerne etwas riskieren und mit ihrem Kapital bei hoffnungsfrohen Jungfirmen einsteigen, genug mit sich selbst zu tun. Nach einer Studie des Ökonomen John Fisher von der Universität San Francisco hat sich durch das Platzen der Internetblase zur Jahrtausendwende die Zahl der Venture-Capital-Unterehmen von rund 1800 auf 1200 reduziert. "Dieses Mal wird der Einbruch erneut zu spüren sein: Ich schätze, dass nur 500 bis 750 Firmen übrig bleiben", so Fisher gegenüber Spiegel Online.

Auch an frisches Geld durch einen Börsengang ist aktuell nicht ranzukommen. In den USA zum Beispiel wird im gesamten Jahr 2008 gerade Mal mit zehn Börsengängen gerechnet. Hinzu kommt: Technologie-Unternehmen brauchen die Finanzbranche nicht nur als Geldgeber, sie schätzen sie auch als attraktive Auftraggeber. Weil in Geldhäusern, neben dem Personal, funktionierende Computer und Software das größte Kapital sind. Aber keine Bank, die finanzielle Probleme hat, wird viel Geld in ihre Informationstechnik stecken. Schon immer wurde an Investitionen zuerst gespart.

Für junge Hightech-Firmen gibt es aber auch Grund zur Hoffnung: Der Wirtschaftszweig gilt als Zukunftsmarkt. Wenn die Finanzkrise ausgestanden ist, werden neue Anlageformen gesucht werden. Der Immobilienmarkt wird auf absehbare Zeit nicht gefragt sein. Interesse wecken werden Werte mit Perspektive, Werte, die getragen sind von dem Wunsch, mit neuen Technologien Geld zu verdienen.

Wie aber als Chef eines solchen Startups die Durststrecke überwinden?
Ryan Janssen, Geschäftsführer von Angelsoft.net, einer Web-Plattform, die Investoren und Unternehmer zusammen bringt, hat in einem Blogbeitrag drei Ratschläge gegeben.

1) Sprechen Sie mit ihrem Team und den Investoren! Man müsse der eigenen Belegschaft klar machen, so Janssen, was die schwierige Situation bedeute, nämlich keine Einstellungen, kein Boni, kein Gehaltsanstieg. Auch müsste deutlich werden, dass Investitionen zurückgestellt werden müssten. Auch solle frühzeitig den Geldgebern mitgeteilt werden, dass sie mit niedrigerem Wachstum rechnen müssten. Offene Kommunikation brächte Verständnis, so der Geschäftsführer.


2) Suchen Sie neue Umsätze! Viele Startups, schreibt Janssen im Blog gigaom.com, würden lediglich darauf schauen, so viele User wie möglich an sich zu binden und hofften, die große Userzahl erst später in Umsätze wandeln zu können. In Krisenzeiten sei es aber von Nöten, Einnahmen zu generieren. Deswegen sei es wichtig, das eigene Produkt nach unentdeckten Umsatzquellen zu durchsuchen.

3) Machen Sie weniger! Krisenzeiten seien Zeiten der Besinnung. Wer in solchen Phasen als einziges Ziel das Wachstum habe, der Laufe Gefahr sich finanziell zu verausgaben und beim nächsten Aufschwung erst gar nicht mehr dabei zu sein.