Samstag, 14. Februar 2009

Umzug

Dieses Blog ist umgezogen, nämlich hier hin.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Digitale Demenz

Nie wuchs Wissen schneller als heute - Es könnte genauso schnell wieder verloren gehen


Früher ging man zum Erinnern in den Keller. Oder auf den Speicher. Kisten mussten entstaubt, Pappschachteln geöffnet werden. Darin: Dokumente, Fotos, Briefe, nicht selten Liebesbriefe. Das Stöbern in der eigenen Vergangenheit oder in der von Eltern und Großeltern in staubig-stickiger Luft wird es nicht mehr lange geben. Selbst Liebesbriefe werden heute überwiegend digital verfasst und verschickt, Bilder in Bytes gespeichert und in Pixeln betrachtet. Das Medium "Computer" löst das Medium "Papier" ab.

Drei Nachrichten der vergangenen Tage: Der Bookmark-Service Ma.gnolia geht vom Netz, nachdem ein Großteil seiner Bookmarks verloren ging. Pageflakes, der personalisierte Startseiten-Anbieter, muss ebenso offline gehen wie das Videoportal Revver (die beiden letzteren sind mittlerweile wieder in Betrieb). Die Beispiele zeigen: Wer seine Daten ins Netz stellt, hat keine Sicherheit, dass sie dort auch stets abrufbar sind. Im schlimmsten Fall gehen sie unwiderbringlich verloren.

Dennoch, der Trend ist ungebrochen: Eigene Dateien landen immer häufiger im Netz. Fotoalben werden auf Flickr angelegt, Texte als GoogleDocs gespeichert, Kontakte auf Facebook verwaltet. Die Festplatte des eigenen Computers verliert an Bedeutung. "Cloud Computing" heißt das Schlagwort. Anwendungen und Daten befinden sich nicht mehr auf dem eigenen Rechner, sondern auf so genannten Servern. Der ans Internet angeschlossene Computer holt sie von dort, verwendet sie und am Ende landen die Daten wieder auf dem Server.

Das ist eigentlich eine feine Sache. Denn nichts ist unsicherer als der eigene Rechner. Der kann gestohlen, Daten aus Versehen gelöscht werden, Hardware kaputt gehen. Server sind sicherer. Sie befinden sich in der Regel immer am gleichen Ort (im Gegensatz zum Beispiel zu Laptops) und werden meist von Profis verwaltet und gewartet. Dennoch: Garantien gibt es nie. Und die Unternehmen denen die Server gehören sichern in der Regel gegen Ansprüche bei Datenverlust ab. Wo Informationen gespeichert werden, können Informationen verloren gehen. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit. Das Problem ist, dass unser heutiges Wissen gleich von drei Seiten bedroht wird.

1) Wissensverlust durch menschliches Versagen. Die Dimension der Schäden die beispielsweise in Unternehmen entstehen, ist unüberschaubar. Weil keine Firma gerne öffentlich macht, wenn ihr eine Datenpanne passiert. In einer Studie bei 21 britischen Unternehmen aus der Finanzbranche wurden die Schäden größerer Datenverluste untersucht. Die finanzielle Belastung pro Datenpanne lag bei 1,8 Millionen Euro.

2) Wissensverlust durch Materialermüdung. Die Dimension dieses Problems ist heute noch nicht abzusehen. Denn die meisten Techniken der Datenspeicherung sind noch keine 100 Jahre alt. Woher sollen wir beispielsweise wissen, wie lange die Daten im USB-Stick erhalten bleiben? Oder: Wie lange hält eine CD? Weniger lange jedenfalls als viele denken, sagen Wissenschaftler. "Selbstgebrannte Datenträger sind kein Archiv, sondern nur ein Verbrauchsmedium, dass sich höchstens zum Transport von Daten eignet", warnt Matthias Hemmje, Professor für Multimedia- und Internetanwendungen der Fernunsiversität Hagen in der Wirtschaftswoche. Und ein Test des IT-Fachmagazins "c't" zeigte jüngst, dass viele der silbernen Speichermedien unter simulierten verschärften Klimabedingungen nur wenige hundert Stunden halten. Unter Normalbedingungen schätzt "c't" die zuverlässige Haltbarkeit nur auf drei bis fünf Jahre? Soll man jetzt etwa alle paar Jahre seine komplette CD-Sammlung kopieren? Eine Lösung lässt auf sich warten.

3) Wissensverlust durch technischen Fortschritt. Die stetige Weiterentwicklung von Datenspeicher- und Datenabspiel-Medien löst das Probleme aus. Womit VHS-Kassetten anschauen, wenn der DVD-Spieler den Videorekorder ersetzt hat? Womit die alten Magnetbänder hören, die auf dem Speicher liegen? Was tun mit den Schellackplatten, welche die Großmutter ihren Enkeln vererbt?

Keine Frage: Alte Techniken der Informationsspeicherung haben Vorteile. Wir wissen heute, was Menschen vor 6000 Jahren in Tontafeln geritzt haben. Wir entziffern Texte, die vor 2000 Jahren auf Papyrus geschrieben wurden. Weil es zum Entziffern nur die Augen und das Verständnis der Schrift braucht. Elektronische Speichermedien aber benötigen komplexe Technik, um dem Menschen die Informationen zugänglich zu machen. Geht das Wissen um diese Technik verloren, wird das Wissen auf den Speichermedien unbrauchbar.

Würde man die Datenmenge alles digital gespeicherten Wissens auf CDs pressen, wäre der Stapel 200 000 Kilometer hoch. In drei Jahren wird sich die Menge verdoppelt haben. Wir erfinden stetig Neues, immer mehr und immer öfter. Was aber noch fehlt, ist eine überzeugende Strategie, um dieses Wissen zu konservieren, um es für nachfolgende Generationen zu bewahren. Nie war der Wissenzuwachs größer, nie aber auch die Gefahr, dieses Wissen wieder zu verlieren. Vielleicht sollten wir wenigstens Liebesbriefe in Zukunft wieder auf Papier schreiben.

Mittwoch, 4. Februar 2009

Content sells!

Geld verdienen mit Inhalten: Wie sich im Internet trotz Wirtschaftskrise neue Geschäftsmodelle etablieren


So viel Erfolg bei Frauen wie Amir Arora hat noch keiner gehabt. Und was bei Frauen funktioniert, soll jetzt auch bei Männern klappen. Arora ist der Gründer der erfolgreichsten amerikanischen Webseite für Frauen, glam.com. Die Themen dort sind die üblichen: Mode, Gesundheit, Lifestyle. Seit neuestem betreibt der Inder aus Neu Delhi auch ein männliches Pendant: die Webseite heißt brash.com (engl. brash = keck, frech, dreist). Die dominierende Farbe dort ist nicht pink wie bei Glam, sondern blau, und auch sonst erfüllt die Seite jedes Klischee. Die Inhalte: Autos, Fitness, Computer, Games und Schauspielerinnen.

Glam Media, so der Name des Unternehmens dahinter, bietet auf den ersten Blick nichts, was es nicht woanders auch gibt. Und doch gibt es einen Unterschied zu vielen anderen Angeboten: Glam Media hat Erfolg. Der Wert des Unternehmens wird auf 500 Millionen Dollar geschätzt; glam.com ist unter den Top10 der meistbesuchten Webseiten in den USA.

Der Erfolg hat seine Ursache in einem ganz besonderen Geschäftsprinzip: Glam erstellt seine Inhalte nicht selbst, sondern integriert bestehende kleine Webseiten und Blogs in seinem eigenen Auftritt. Glam betreibt also eine Art Zweitverwertung und fasst Inhalte zusammen. Sowohl Glam als auch die Blogger profitieren von dem Deal: Die Blogbetreiber bekommen durch die Integration erhöhte Aufmerksamkeit und erhalten die Hälfte der von Glam erwirtschafteten Werbeeinnahmen; auf der anderen Seite erspart sich Glam die Erstellung eigener Inhalte.

Mit einem ähnlich Prinzip erfolgreich: die Huffington Post. Das linksliberale Portal mit vorwiegend politischen Inhalten ging am 9.Mai 2005 online. Heute ist es das einflussreichste Alternativ-Medium der USA. Das Prinzip ist ähnlich wie bei glam.com: Es schreiben vor allem Blogger, und auf der Startseite werden die interessantesten Inhalte der Autoren gezeigt. Außerdem sammelt Huffington Post mitteilenswerte Inhalte im gesamten Netz und präsentiert sie ebenfalls auf ihrer Startseite. 200 Millionen Dollar soll das Portal wert sein; seit 2007 ist man nach Angaben ihres Co-Gründers Ken Lerer "aus den roten Zahlen".

Inhalte für die breite Masse hat es aber schon vor dem Internet gegeben. Randpublikationen, Texte, für die sich nur eine Minderheit interessiert, hatten es viel schwerer. Die Druckkosten pro Exemplar sind bei einer kleinen Auflage deutlich höher und die Verbreitung schwieriger, schon deshalb weil die potentiell Interessierten von den Publikationen früher oft gar nicht wussten. Heute stehen die Informationen nur einen Klick weit entfernt. "Insgesamt scheinen die Geschäftsmodelle von Fachverlagen und Special-Interest-Publikationen am besten in ein digitales Format konvertierbar zu sein", schreibt die Unternehmensberatung Deloitte in einer aktuellen Studie mit dem Titel "Herausforderung Media 3.0 - Verlage und ihre digitalen Geschäftsmodelle". 80 Prozent aller publizistischen Inhalte seien Nischenprodukte, schätzt Deloitte, und diese könnten durch das Internet erstmals einfach vertrieben werden. "Da Fachpublikationen über einschlägige Online-Portale für Kunden leichter zu identifizieren sind als in der physikalischen Welt, eröffnet sich Fachverlagen über ihren Online-Auftritt zusätzliches Wachstumspotential."

Außerdem setzt sich bei Fachpublikationen zunehmend der Verkauf digitaler Bücher, der so genannten E-Books, durch. Hohe Druckkosten bei geringen Auflagen werden so ganz vermieden. So hat zum Beispiel "Springer Science und Business Media", einer der führenden Anbieter von Wissenschaftsliteratur weltweit, gerade bekannt gegeben, dass auf seiner Internet-Plattform mittlerweile 30.000 E-Books zu beziehen sind.

Amir Arora von Glam erobert derweil auch außerhalb der USA die Frauenwelt: Seit Mitte 2008 gibt es mit der Glam Media GmbH auch einen deutschen Ableger. Ein Joint Venture mit der Burda-Tochter Burda Cross Media betreibt die Seite glam.de und ist nach eigenen Aussagen bereits die Nummer eins. Arora jedenfalls ist schon heute potentieller Milliardär. Bereits im vergangenen Juni hat es Meldungen über ein Angebot in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar gegeben. Der Glam-Chef schwieg und ließ verkünden "Wir arbeiten gegenwärtig nicht aktiv an einer Ausstiegsstrategie." Warum auch? Das Geschäftsmodell scheint auf viele Länder übertragbar zu sein. Vermutlich wird Arora noch viel Erfolg bei Frauen haben.